In der Gruppe gesunden Menschen gemeinsam

22.01.2019

(angepasste Version eines Artikels erschienen in PostSkriptum, Publikation der St. Gallischen Psychiatrie-Dienste Süd, Nr. 1 / Mai 2018)

Der englische Psychiater deutscher Abstammung S.H. Foulkes war einer der Begründer der gruppenanalytischen Therapiemethode. Am Abend nach seiner ersten Zusammenkunft von Patienten im Wartesaal seiner Praxis in Exeter 1940 sagte er seiner Frau: «Heute war ein historischer Augenblick der Psychiatrie, aber niemand weiss etwas davon».

Seither hat sich die Situation gänzlich verändert: Die Wirksamkeit von Gruppenpsychotherapien wurde anhand von zahlreichen Studien mehrfach belegt. Für viele psychische Störungen scheint die Gruppenbehandlung sogar der Einzeltherapie überlegen zu sein. Diese Ergebnisse werden leider nur vereinzelt in die gängigen Behandlungsleitlinien übernommen und die Gruppentherapie wird oft noch als der Einzeltherapie untergeordnet angesehen.

Die Wirksamkeit einer Therapiegruppe hängt primär von allgemeinen Faktoren wie der Einflössung von Hoffnung, der Möglichkeit der emotionalen Mitteilung in einer sicheren Atmosphäre sowie der Erfahrung von gegenseitiger Interaktion und dem Lernen voneinander ab. Diese positiven Faktoren sind uns allen aus den eigenen nicht-therapeutischen Gruppener- fahrungen (in der Familie und im Freundeskreis, am Arbeitsplatz, aus dem Vereinsleben) bekannt. Darüber hinaus spricht Foulkes vom sogenannten «ego training in action», also einer fortlaufenden, reparativen Interaktion zwischen den Gruppenteilnehmern.

Im Bezug zu ihrer Zusammensetzung kann eine Gruppe offen, halboffen oder geschlossen verlaufen. Im Prinzip sind geschlossene Gruppen homogen, zeitlich begrenzt und verfolgen umschriebene Ziele. Je offener eine Gruppe, desto mehr entwickelt sie sich zu einem langangelegten Projekt und der Umgang mit Grenzen und Differenzen bekommt eine wichtige therapeu- tische Rolle. Der norwegische Psychiatrieprofessor und Gruppentherapeut Steinar Lorentzen spricht von einer supportiv-aktivierenden Dimension der Gruppeninterventionen, welche unterstützende, entlastende und erzieherische Elemente mit expressiven, anleitenden und aufdeckenden vereint.

Durch den Einstieg in einer Therapiegruppe können die Patientinnen und Patienten oft erste positive Erfahrungen sammeln und therapiebezogene Ängste abbauen. In der Regel erfolgt vor dem Gruppeneinstieg ein Vorbereitungsgespräch mit dem Gruppenleiter. Ambulante Psychotherapiegruppen verlaufen für gewöhnlich in einem wöchentlichen Rhythmus, idealerweise mit sieben bis neuen Teilnehmer und für eine Dauer von 90 Minuten.